In Gedenken an Heinz Hoffmann – Ein Wegbereiter der Kolloidwissenschaften


Mit tiefer Trauer haben wir am 28. Februar dieses Jahres erfahren, dass Heinz Hoffmann von uns gegangen ist. Mit ihm verliert die Kolloid-Gesellschaft ein langjähriges Mitglied und ihren ehemaligen Präsidenten (1987-1991), der sich gerade in den turbulenten Jahren der deutschen Wiedervereinigung sehr aktiv dafür eingesetzt hat, dass die Wissenschaftler auf beiden Seiten der Mauer sofort wieder in intensiven Kontakt kamen. Heinz Hoffmann war seit Ende der 60er Jahre ein international hoch angesehener Wissenschaftler, der vielfältige Beiträge zu den Kolloidwissenschaften geleistet hat.
Seine wissenschaftliche Karriere begann 1962 mit der Promotion in Elektrochemie an der Technischen Hochschule Karlsruhe bei Walter Jaennicke. Das folgende Postdoc führte ihn an die Case Western Reserve University in Cleveland, wo er sich bei Ernest Yeager mit den modernen Methoden der schnellen Reaktionskinetik vertraut machte und seine charmante Frau Claudia kennenlernte, mit der er den Rest seines Lebens glücklich verbrachte. Die schnelle Reaktionskinetik war dann auch nach seiner Habilitation 1969 an der Universität Erlangen sein Einstieg in die Kolloidwissenschaft. Mit dieser Methode untersuchte er Tensidlösungen und legte damit in internationaler Zusammenarbeit die experimentellen und theoretischen Grundlagen für unser heutiges Verständnis der dynamischen Prozesse von Tensiden bei der Selbstaggregation und an Grenzflächen.
Nach seinem Wechsel 1975 auf einen Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der neu gegründeten Universität Bayreuth baute er dort rasch eine Arbeitsgruppe auf, die sich intensiv der Grundlagenforschung an Tensiden widmete. Hier wurden sehr unterschiedliche Fragestellungen aus dem Bereich der Kolloidchemie untersucht, wie z.B. die Struktur und das rheologische Verhalten von wurmartigen Mizellen und Vesikelsystemen, lyotrope flüssigkristalline Phasen, die Eigenschaften von Schichtsilikaten in Lösung, die Bildung von Schwammphasen (L3) oder die Solubilisierung in Tensidsystemen unter Bildung von Mikroemulsionen oder Emulsionen, um nur einige der vielfältigen Themen von Heinz Hoffmann zu nennen. Zentral für seine Forschungsarbeiten war stets die Kombination verschiedener experimenteller Methoden, um ein möglichst umfassendes Verständnis der betrachteten Systeme zu erlangen und daraus die relevantesten Eigenschaften „herauszudestillieren“. Ein Markenzeichen seiner Forschung war stets, dass sie zwar zunächst grundlagenorientierter Natur war, Heinz Hoffmann aber immer auch mögliche Anwendungen im Blick hatte und damit auch großen Einfluss auf anwendungsorientierte Fragestellungen hatte. Dies führte dazu, dass er sich nach seiner Emeritierung an der Universität Bayreuth nicht wirklich aus der Wissenschaft zurückzog, sondern ein unabhängiges Labor gründete, in dem er noch viele Jahre anwendungsorientierte, industriefinanzierte Kolloidforschung betrieb.
Seine Forschungsarbeiten wurden mit einer Reihe von Preisen ausgezeichnet, unter denen der Nernst-Haber-Bodenstein-Preis der Bunsen-Gesellschaft (1976), der Lectureship Award der Chemical Society of Japan (1998), die Overbeek-Medaille der ECIS (2011) und natürlich der Ostwald-Preis der Kolloid-Gesellschaft (1995) die wichtigsten sind. Heinz Hoffmann war ein international hoch angesehener Wissenschaftler, der neben seinem Engagement für die Kolloid-Gesellschaft auch einer der Gründungsväter der European Colloid and Interface Society (ECIS) war, da er immer sehr am internationalen wissenschaftlichen Austausch interessiert war. Er etablierte den Standort Bayreuth als eines der Zentren der Kolloidforschung, nicht zuletzt mit der Gründung des Bayreuther Zentrums für Kolloide und Grenzflächen im Jahr 2000, für dessen Aufbau er sich viele Jahre intensiv eingesetzt hatte.
Viele von uns werden sich an Begegnungen mit Heinz Hoffmann erinnern. Er war immer sehr interessiert an der Diskussion offener wissenschaftlicher Fragen und zeigte stets eine große Neugier auf Unbekanntes. Er diskutierte gerne, war klar in der Sache und immer auf die wissenschaftlich korrekte Interpretation bedacht. Wer mit ihm in näheren Kontakt kam, konnte seine Bodenständigkeit, Ehrlichkeit und Großzügigkeit spüren und schätzen. Auf sein ehrliches Bemühen, die Wissenschaft voranzubringen, konnte man sich immer verlassen, auch auf die Unterstützung seiner Umgebung, seiner Kollegen, Mitarbeiter und Freunde, für deren Anliegen er immer ein offenes Ohr hatte.
Die Kolloid-Gesellschaft hat mit Heinz Hoffmann einen hochgeschätzten Kollegen und Freund verloren, wird ihm aber stets ein ehrendes Andenken bewahren.